Tag 41
Aus Tims Sicht: Nachdem ich meine schwaechelnden Freunde [arrogante Anwandlungen sind hier rein zufaellig] zurueckliess und mit Danny,Phil und Bene weiterging, entwickelte sich eine enge Bande zwischen uns. In Belorado willigte ich sogar auf Benes Wunsch ein, eine Pilgermesse [!] zu besuchen. Ein Japaner namens Yoshi, den wir in unserer von Schweizern betriebenen Herberge kennenlernten, wurde dort genoetigt ein englisches Gebet vorzulesen, versagte voellig und hebte damit eindeutig meine Stimmung. Wieder in der Herberge genossen Astrid, eine Studentin aus Paris, und ich noch die Reste einer unglaublich leckeren Paella die zwei Spanier in vollkomenen Groessenwahn fuer mindestens 10 Personen zubereitet hatten. Ganz im Ernst, man wird von seinen Mitpilgern so oft mit Essensresten versorgt, das man gar nicht mehr selber kochen muss.
Millos und Alex: Die Vorstellung, dass ein Tag Pause alle Schmerzen der vergangenen Etappen heilen wuerde erwiess sich als nicht haltbar, sodass millos auch bei der naechsten Etappe starke Schmerzen im Knie hatte. Dennoch gingen wir weiter und verlaengerten unsere Etappe auf ca 25 km sodass wir in einem kleinem Dorf, dessen Name mir entfallen ist, einkehrten. Dort fanden wir eine Pilgerherberge vor, die gaenzlich unsere Erwartungen uebertraf. Im Anbau einer Kirche schleppten wir uns zunaechst attliche Treppenstufen hinauf und erblickten zunaechst einen Schlafsal ohne Betten aber dafuer mit kleinen Ledermatten. Wir stellten unsere Rucksaecke ab und machten uns auf den weg in das hoergelegene Stockwerk, wo wir einen urig eingerichteten
Gemeinschaftsraum mit Kamin vorfanden. Weiterhin gab es eine kleinen aber feine Kueche sowie diverse Musikinstrumente worueber sich Alex besonders freute. Wir kochten an diesem Mittag einen Zigeunertopf, der auch noch fuer den Abend gereicht haette. Freudig verkuendete uns jedoch der Herbegsvater, der uns bei unsere Ankunft bereits herzlich umarmt hatte, das am Abend alle zusammen kochen und essen. So halfen wir noch bei den Vorbereitungen und genossen am Abend ein vorzuegliches Essen. Unsern Zigeunertopf verdrueckte eine Deutsche Vegetarierin, die auf Nachfrage ihrer Nachbarn verkuendete das wir dieses Essen gekocht haben. Da alle anderen bereits bei der Nachspeise angelangt waren dachten nun jenen Herbergsgaeste , die der Deutschen Sprache nicht meachtig waren, wir haetten den Nachtisch gekocht, sodass schlussendlich diem ganze Gesellschaft fuer uns applaudierte.
Tag 42
Aus Tims Sicht:
Wir naeherten uns in grossen Schritten Burgos, der vermeintlich wichtigsten Stadt des Weges [abgesehen von Santiago]. Vorher fuehrte uns das Schicksal aber erstmal nach San Juan de Ortega, was so ziemlich das kaffigste Kaff auf der Liste der kaffigen Kaeffer darstellt. San Juan hat circa 30 Einwohner und besitzt ansonsten eine Herberge, eine Kirche und eine Bar. Ach ja, und eine Cola-Automaten. Die Einwohner muessen also entweder wie Amish-People durch Selbstversorgung leben, von Gott gespeist werden oder alle Cola-suechtig sein. Wer weiss. Das einzig erquickende war ein Gespraech mit einem aelteren Amerikaner namens Matt, der seit mehreren Jahren in Maastricht lebt und eine Art Philosoph oder sowas ist. Mit ihm schloss ich eine Wette ueber die zukuenftige Rolle Chinas und der Vereinigten Staaten in der Weltpolitik ab und habe mitlerweile auch Mailadressen mit ihm ausgetauscht.
Millos und Alex:
Wir erreichten an jenem Tag die Stadt Belorado und liessen uns vom Swimmingpool der Herbege ueberzeugen am Orteingang zu uebernachten. Wir humpelten nach unserer Ankunft runter in die Stadt und versorgten uns mit Salat und Reis und hatten mal wieder zu viel zu Essen. Am Abend traf dann noch unser Quoten Verruecker auf und tischte uns wiedermal eine absurde Story auf:
In 30 Jahren werde es aufgrund der Anwesenheit von Kristallkindern keine Kriege mehr auf dieser Welt geben. Jene Kristallkinder werden momentan geboren und sollen als Nachfolger Der Indigokinder den Menschen ein Verantwortungsvolles Leben beibringen. Sie besitzen diverse telepatische und telekinetische Faehigkeiten und werden dem Menschen lehren wie “verwerflich und falsch” es doch ist Fleisch zu Essen. Weiterhin sind sie sehr empfindlich gegenueber Schwingungen aus dem Weltall und koennen mitAliens kommunizieren. Millos fuehlte sich versetzt in die Serie 4400. Eine genaue wiedergabe seiner Worte ist aufgrund des kurz oben angerissenen Schwachfugs nicht moeglich.
Tag 43
Aus Tims Sicht:
Der Weg nach Burgos war gepraegt von haesslichen Industriegebieten. Meine einzige Ablenkung war das Singen von Intros alter Zeichentrickserien mit Phil. “Chip,Chip,Chip und Chap, Ritter des Rechts!”
Aber irgendwann war es da, Burgos, mit seiner riesigen Kathedrale, die, wie ich einigen Einheimische versichern musste “no tan bonito como el Koelner Dom” ist. Leider waren in der Stadt riesige Feierlichkeiten wegen dem Weltjugendtag in Madrid und christliche Dumpfbacken aus aller Welt tanzten zu Kirchengesaengen. Die ganze Stadt war voll. Um meine intolerant wirkenden Unmut zu erklaeren: Diese Menschen fuehren wahrscheinlich die tristesten Leben, und erfreuen sich nur einmal alle paar Monate daran, dass andere Leute auch an diesen Jesus glauben. Deprimierend. Zu allem Ueberfluss war auch noch das Grab von El Cid, meinem Lieblingshelden aus Age of Empires versperrt.
Am Abend verkuendeten Bene und Danny, dass sie zu zweit weiter laufen werden, da sie schneller in Santiago sein wollen. Als Begruendung nannten sie, dass sie dann ihre Freundinnen schneller sehen koennen [boese Zungen nennen das Notgeilheit].
Irgendwie knuepft man auf dem Camino schneller Freundschaften als Zuhause und dementsprechend war ich ein bisschen geknickt.
Millos und Alex:
Die letzten 3 Etappen waren optisch nicht gerade abwechlungsreich, sodass sich Alex und Millos sehr darueber freuten, das nach unzaeligen Quadratkilometern Getreidefeldern endlich mal wieder ein Wald hinter Villafranca auftauchte. Eine warnende SMS von Tim hielt uns davon ab in San Juan halt zu machen sodass wir an diesem Tag insgesamt 30km nach Atapuerca liefen, da dieser Ort wenigstens eine Baeckerei mit kleinem Supermarkt besass. Den Abend verbrachten wir im Garten einer privaten Herberge und freuten uns auf die vermeintlich kurze Etappe am naechstem Tag.
Tag 44
Auch Phil ging aus Burgos fort, versprach aber am naechsten Etappenziel auf uns zu warten. Ich hingegen loeste mein Versprechen ein und wartete auf Alex und Mill. Nach einigen Stunden des herumflanieren, -vagabundieren und -vegetieren meinerseits kamen sie auch endlich an. Da man nicht zweimal in einer Stadt in verschiedenen Herbergen schlafen darf, ich ja aber schon eine Nacht in Burgos verbracht hatte, mussten wir weiter. 10km weiter, irgendwo hinter Tardajos, sahen wir uns gezwungen im freien zu schlafen und erklommenen eine Berg. Der Ausblick war absolut gigantisch und auch der Sternenhimmel faszinierte uns sehr wie wir so in unseren Schlafsaecken lagen. [Ich musste den kleinen und den grossen Wagen allerdings zum zehnten Mal erklaeren. Auch hier ist Arroganz vollkommen unbeabsichtigt.]
Tag 45
Wieder aus der Sicht von allen: Alex abendlicher Ausruf “Lass das mal oefter machen!” erwies sich am naechsten Morgen als auesserst fragwuerdig. Durchgefroren, nass vom Tau und total uebermuedet, da die Spanier bis 4 Uhr Nachts irgendein Maria-Himmelfahrtsfest feierten, wachten wir auf und hakten das Thema Im-Freien-schlafen damit ab. Tim verkuendete auf dem Hoehepunkt seines Arroganten verhaltens, das Dehnen vollkommen ueberfluessig sei, da Millos ja sowieso immer kaputt ist. An dieser Stelle sei nochmals gesagt, das wir uns fuer 5 Tage getrennt hatten und Tim nicht den blassesten Schimmer von Millos Kondition hatte
Die Etappe erwies sich als aeusserst langwierig, aber umso groesser war die Freude als wir Phil in Castrojeriz wiedertrafen. Der dortige Herbergsvater erwies sich jedoch als sehr streng, da er Millos und Alex umgehend tadelte, da sie oben ohne waren. Er erinnerte sie daran, dass dies eine Stadt sei und fragte Alex, ob er denn wisse, was Manieren seien. Er log und sagte ja.
Hier eine kleine Beschreibung der Menschen, die wir kennen gelernt haben und mit denen die wir mehr zu tun haben.
Phil und Danny: Die beiden kommen aus der Naehe von Schweinfurt und haben beide ihr Abitur nachgeholt.Phil ist 22 und Danny 28. Phil ist Veganer, was wir auesserst tolerant in unsere Kochplanungen miteinbeiziehen und sucht ausdauernd nach Japanern, an denen er seine Japanischkenntnisse ausprobieren kann. Danny will Physik studieren, hat ein Jahr in Indien verbracht und bezeichnet sich selbst als Buddhist.
Bene: Bene kommt aus Berlin, ist 27 Jahre alt und ist passionierter Jaeger, was seine Beziehung zu Phil aber nicht beeintraechtigte. Er ist insgeheim wahrscheinlich ziemlich glaeubig, zumindest liebt er Messen, und wird von seiner Freundin in Santiago abgeholt. Wie unfair.
Tag 46
Vom Moenchsgesang wurden die Nogger um 6:30 geweckt und vom Herbergsvater zu Kaffee und Keksens gebeten. Irgendwie scheinen Kekse in diesem Land der Toastersatz zu sein, da man die Runden Butterkese hier wirklich an jeder Ecke und zu jedem Fruehstueck bekommt. Das Fruehstueck war recht simpel gehalten aber dennoch gut, sodass wir gestaerkt nach Fromista aufbrachen, das eigentliche Etappenziel. Da die Herbergen dort jedoch alle um die 7 Euro kosten sollten etschlossen wir uns, wie so oft weiter zu laufen. In der Herberge angekommen kochten wir wiedereinmal zu viele Nudeln sodass wir die halbe Herberge mitversorgen konnten und somit nicht nur einen weiteren Deutschen sondern auch einen Polen kennenlernte. Gegen Abend besuchte noch ein Dauerpilger die Herberge, der seit 16 Monaten durch Europa und Norafrika laeuft. Sein naechstes Ziel ist nach Italien die Stadt Jerusalem von wo er dann in Richtung Asien laufen moechte.