Tag 47
Landschaftlich sollten die folgenden Tage wirklich einseitig und anstrengend werden. Die ewigen Getreidefelder und der fehlende Schatten schlauchten uns ziemlich. Als wir Abends in Castrojeritz ankamen, waren wir sehr erleichtert, da diese kleine Stadt uns die noetige Ration von Zivilisation gab. Die Herberge bot uns eine fantastische Kueche, in der Phil, Millos und Alex ihren beruehmten HartzIV-Zigeunertopf zubereiteten. Tim begnuegte sich mit Nudeln mit Thunfisch.
Tag 48
Timbo und Alex liessen sich von der harten Meseta nicht schocken: Sie wollten an diesem Tag ihre erste (und auch letzte) 40km Etappe bestreiten, von Castrojeritz bis Sahagun. Der Plan war verwegen, cool und wahnsinnig, weswegen Phil und Millos beschlossen, es ruhiger angehen zu lassen und nur 30km zu gehen.
In einem Affenzahn (genau genommen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,5km pro Stunde) erreichten sie das Etappenziel von Phil und Millos, Templarios. Die letzten 10km bis Sahagun wurden aber zur Hoellenqual, was vor allem daran lag, dass man die Stadt schon aus 6km Entfernung sehen konnte, sich ihr aber scheinbar nicht naeherte. Total erschoepft und mit pochenden Fuessen erreichten sie schliesslich die Herberge und waren fuer die naechsten Stunden nicht mehr faehig, sich zu bewegen. Dort trafen sie uebrigens auch Mat, einen Amerikaner, der uns nun ja schon oefter begegnet ist und vor Sahagun einige Tage in Madrid verbrachte, um sich die dortigen Aufstaende anzusehen (was dazu fuehrte, dass er mitlerweile pleite ist). Unerwarteterweise trafen gegen 4 Uhr auch noch Millos und Phil ein, die sich doch noch nach Sahagun geschleppt hatten. Warum sie das getan hatten, konnten die beiden selber nicht mit Gewissheit sagen. Es muss eine Portion Irrationalitaet im Spiel gewesen sein.
Tag 49
Danach zeigte sich die Meseta wieder von ihrer langweiligen Seite. Wir waehlten eine alternative Route des Jakobsweges um in einen Ort namens Hermanillos zu gelangen. Dort gab es nur einen Supermarkt, der von einem alten, ungefaehr 50cm grossen Mann gefuehrt wurde. Der Markt war allerdings so klein, dass auch der Besitzer nur noch gerade so hineinpasste. Ausserdem wurde jeder Kunde einzelnd bedient und alle Artikel wurden vom Besitzer persoenlich aus den Regalen geholt. Was dieser mit viel, viel Ruhe tat. Millos und Tim mussten 30 Minuten warten, bis sie ihre Wuensche vorbringen konnten.
Die Ruhe der Spendenherberge wurde dann Abends von einem aleteren Herren aus dem Dorf gestoert, der es sich anscheinend zur Aufgabe gemacht hat, den Pilgern seine Trompetenkenntnisse zu beweisen. Das Problem war, dass er leider keine Trompetenkenntnisse besass.
Tag 50
Wir naeherten uns Leon, mussten aber vorher noch in Manzilla de las Mulas uebernachten. Die Herberge wurde von einer grantigen Oma und ihrer agressiven Tochter gefuehrt, die uns oefter mit dem Besen drohte, sich aber im Endeffekt als doch ganz nett herausstellte. Als Phil fast mit ihr zusammengestossen waere und aufgrund fehlender Sprachkenntnisse mehrere Stunden versuchte, ihr und zu Hilfe eilenden Uebersetzern zu erklaeren, dass er das nicht wollte, taute sie schliesslich etwas auf.
Tag 51
Leon bot uns endlich wieder die Moeglichkeit, durch grosse Einkaufsstrassen zu flanieren, was Phil und Alex sofort nutzten. Sie kauften zwei Gummikatzen, die beim Draufdruecken quietschen und eine kleine Soundstation. Alles was der Pilger braucht.
Aufgrund ihres Quietschens wurde ein duesseldorfer Ehepaar auf sie aufmerksam, deren Hund sie erschreckten. Die beiden Duesseldorfer luden sie netterweise zum Essen ein, und gluecklicherweise fand Tim die Vier im Restaurant vor und setzte sich dazu. Fuer uns alle fielen im Endeffekt viele Gambas und spanischer Schinken ab und die Bekanntschaft mit dem Ehepaar hat sich sehr ausgezahlt.
Abends genehmigten wir uns dann ein grandioses Muesli, was allerdings eher am Mangel an Alternativen lag, da die kirchliche Herberge keine Kueche besass.
Tag 52
So gut wie der vorherige Tag war, so schlecht war dann der Folgende. Es war die ganze Zeit grau und bewoelkt, wir stapften an der Autobahn vorbei und die Herberge, in die wir kamen, war anscheinend aufs Abzocken von Pilgern spezialisiert, da die Benutzung der Kueche 1,50€ kostete. Der Einzige, der auf seine Kosten kam, war Phil, der in der Dusche ganz natuerlichen Trieben nachging. Das soll hier aber zur Wahrung des hohen Niveaus nicht naeher erlaeutert werden.
Tag 53
Die Tradition, dass sich gute Tage mit schlechten abwechseln, bestand fort. Das Wetter wurde besser und auf der Haelfte der Etappe, hatte ein Spanier namens David einen Stand aufgebaut mit allem, was ein hungriger Pilger braucht. Bananen, Schokolade, Trockenobst, Saeften. Und alles war umsonst! Als wir ihn fragten, wieso er das tue, antwortete er nur "Love."
So eine Selbstlosigkeit waere zwar nichts fuer uns, aber im Profitieren waren wir schon immer gut.
Heute Abend sind wir Astorga.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen